Impfzwang vor Einschulung? – Debatte nimmt wieder Fahrt auf

    Noch keine beunruhigende Ausbreitung der Masern in der Region, aber Fachleute warnen präventiv

    Das Thema sorgt seit Wochen für ein gewisses Unbehagen und für Unruhe: Seit Jahresbeginn registrierte das Bundesamt für Gesundheit (BAG) an die 70 Fälle von Masernerkrankungen. Im gesamten Jahr 2016 waren es 71 Fälle gewesen. Im Februar starb in der Schweiz erstmals seit 2009 ein Mensch an Masern. In der Region werden Fälle gemeldet, aber von einer beunruhigenden Ausbreitung kann keine Rede sein. Dennoch gab das BAG eine neue Impfempfehlung ab. Einige Fachleute gehen mit ihren Massnahmen-Forderungen sogar noch weiter…

    (Bilder: Fotolia) Noch ist die Region nicht betroffen, dennoch gilt das Motto «Wehret den Anfängen». Die Impfdebatte kocht wegen der aufgetretenen Masernfälle wieder hoch.

    Noch ist die Region nicht stark betroffen, dennoch gilt das Motto «Wehret den Anfängen». Der Bund hatte im Februar 2017 vor einer Ausbreitung von Masern gewarnt, da man bemerkte, wie die Masern in Europa auf dem Vormarsch sind. In Rumänien seien in den letzten Monaten über 3400  Masernfälle registriert worden. Die meisten Betroffenen waren nicht geimpft. Eine Masern-Erkrankung kann in drastischen Fällen sogar zu schweren Komplikationen wie Lungen- und Hirnentzündung und bleibenden Behinderungen führen.

    Nachlässigkeiten bei gewissen Personengruppen
    Die Impfdebatte nimmt somit wieder Fahrt auf. Bei den aktuell sechs gravierenden Fällen in der Schweiz handelte es sich um Personen, die ebenfalls nicht geimpft waren. Drei Infektionen habe es im Unterwallis geben, zwei im Kanton Neuenburg und einen im Kanton St. Gallen. In mehreren Kantonen gäbe es noch einige weitere Verdachtsfälle. Erkrankt sind – und dies sei alarmierend, sagen die Fachleute auf diesem Gebiet – auch zwei Erwachsene, die mit Kindern arbeiten (eine Tagesmutter und eine Betreuungsperson). Der Leiter der Abteilung «Übertragbare Krankheiten» beim Bundesamt für Gesundheit (BAG), Daniel Koch, zeigte sich gegenüber den Medien erschrocken ob der Nachlässigkeiten bei gewissen Personengruppen. In solchen Umfeldern «sollten Berufsfachleute eigentlich darauf schauen, dass der Impfstatus vollständig ist», sagte er in TV-Interviews und liess sich in den Medien zitieren.

    Durchimpfungsrate von mindestens 95 Prozent
    Dabei war das Ziel des Bundes, dass mindestens 95 Prozent der Bevölkerung gegen Masern geimpft und damit geschützt sein soll. Mit dieser Quote ist die Epidemiegefahr stark  eingeschränkt und das Virus hätte keine Chance mehr, sich in der Schweiz auszubreiten. Bei einer Durchimpfungsrate von mindestens 95 Prozent würde jener Teil der Bevölkerung, der gegen Masern immun ist, jene schützen, die unwissentlich keinen Schutz haben oder sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen dürfen (Quelle: BAG). Der aktuelle Stand in der Schweiz: 94 Prozent aller Zweijährigen seien gemäss BAG mindestens mit einer Einerdosis geimpft. Bei den Schulabgängern seien es 96 Prozent. «Beunruhigend» sei aber, dass bei den jungen Erwachsenen eine schwer zu beziffernde «Impflücke» bestehe.

    Beim Todesopfer im Februar 2017 war der Fall speziell gelagert: Der junge Erwachsene verstarb auf einer Intensivstation nach der Masernerkrankung schliesslich an Lungenversagen. Das Opfer litt an Leukämie und unterzog sich einer Therapie, bei der sein Immunsystem stark unterdrückt wurde. Deshalb schützte ihn die Masernimpfung auch nicht. Gegenüber 2015 hat sich die Zahl der Masern-Fälle fast verdreifacht. Dies hat auch mit der steigenden Mobilität der Menschen zu tun, denn in Ländern wie Rumänien oder Italien (rund 4000 Fälle) sind die Masern auch auf dem Vormarsch. Und die Tatsache, dass einzelne Ausbrüche jeweils gleich mehrere Personen infizieren, kann einen Schub auslösen.

    Impfobligatorium gefordert: Wer nicht geimpft ist, darf nicht eingeschult werden
    Nun setzen sich mehrere Fachleute dafür ein, dass ein Obilgatorium eingeführt wird. So sollen nur Kinder eingeschult werden dürfen, die gegen Masern geimpft sind. Der Einschnitt in die Persönlichkeitsrechte sei gerechtfertigt, denn man könne nicht für sich das Recht beanspruchen, andere anstecken zu dürfen, sagen die Befürworter. Und man ist unter Fachleuten empört über die PR-Kampagnen der Impfgegner, welche unter anderem folgende Kernaussage beinhaltet: Die Impfung gegen Masern, Mumps und Röteln mit einem gefährlichen Stoff verursache Autismus. Dabei sei seit über zehn Jahren die Theorie, dass zwischen Impfstoffen und Autismus ein Zusammenhang bestehe, mit letzter Sicherheit widerlegt worden, wird von Fachkreisen bestätigt.

    Kanton Basel-Stadt mit der höchsten Maserndurchimpfungsrate
    Und wie ist die Lage in der Region? Der Kanton Basel-Stadt beispielsweise unterstützt die nationale Strategie zur Masernelimination. Seit Herbst 2013 läuft die dazu gehörende Öffentlichkeitskampagne des BAG auf Hochtouren. Der Kanton Basel-Stadt gehört aktuell zu den Kantonen mit der höchsten Maserndurchimpfungsrate in der Schweiz. Auch dank den Bemühungen seitens der Kinderärztinnen und Kinderärzte sowie der seit Jahren fest implementierten schulärztlichen Impfkontrollen und Nachholimpfungen, schreibt das Gesundheitsdepartement. Man hat die 95-prozentige Durchimpfungsrate bei den Kindern erreicht und bei den Jugendlichen sogar eine von 98 Prozent.  Bei den unter 50-jährigen Erwachsenen besteht jedoch – wie in der ganzen Schweiz flächendeckend beobachtet – noch eine Impflücke. Es macht auch schon eine Annahme die Runde, dass nur etwa 80 % gegen Masern geschützt seien. Also soll die PR-Kampagne vor allem Erwachsene sensibilisieren. Bei Ungewissheit, ob man geimpft ist oder nicht, sei ein persönlicher Risiko-Check empfohlen. Des weiteren kann auch ein elektronischer Impfausweis hergestellt werden (www.meineimpfungen.ch) inklusive eines Erinnerungssystems (per SMS oder E-Mail).

    JoW, div. Quellen

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