Retouren im Onlinehandel

    Was sie kosten und wie sie vermieden werden können

    Retouren sind ein fester Bestandteil des Onlinehandels. Bis zu 60 Prozent der bestellten Ware wird in einzelnen Onlineshops wieder zurückgeschickt. Das verursacht hohe Kosten, wie die Onlinehändlerbefragung der Hochschule Luzern verrät. Ein HSLU-Forschungsteam hat bei den Onlineshops nachgefragt, wie Retouren vermieden werden können.

    (Bild: pixabay) Rund die Hälfte der Konsumentinnen und Konsumenten planen das Zurückschicken bereits in ihre Bestellungen ein.

    Wer im Internet eine Hose, ein Smartphone oder ein neues Sofa bestellt, tut das häufig im Wissen, den Gegenstand auch wieder zurückschicken zu können. Gründe für das Retournieren eines bestellten Produkts gibt es viele: Die Grösse passt nicht, die Qualität ist schlechter als gedacht oder die Farbe sieht in echt anders aus als auf dem Foto im Onlineshop. «Wer online ein Produkt kauft, hat klare Erwartungen», erklärt Thomas Wozniak, Studienleiter der Onlinehändlerbefragung und Dozent an der Hochschule Luzern. Onlinehandel ist Distanzhandel. «Da ist es besonders schwierig, bei den Konsumentinnen und Konsumenten möglichst realitätsnahe Vorstellungen des Produkts zu schaffen», so der Experte.

    Jeder vierzehnte Artikel wird zurückgeschickt
    Die Kluft zwischen Erwartung und Realität ist nicht bei allen Produktkategorien gleich gross. Entsprechend gibt es bei der Retourenquote grosse Unterschiede zwischen den verschiedenen Onlineshops. Das zeigen die Resultate der HSLU-Studie, an der rund 230 Schweizer Onlinehändler teilgenommen haben. Die durchschnittliche Retourenquote aller Onlineshops beträgt sieben Prozent. Jeder vierzehnte Gegenstand, der in einem Schweizer Onlineshop gekauft wird, wird demnach zurückgeschickt. «Die Bandbreite ist dabei beträchtlich», so Wozniak. Während ein Drittel der Onlineshops eine Retourenquote von einem Prozent oder weniger hat, gibt es vereinzelte Anbieter, bei denen bis zu 60 Prozent der bestellten Ware wieder zurückgeschickt wird. Am häufigsten betroffen von Retouren sind Händler im Modebereich. Die Kundinnen und Kunden schicken in diesem Segment durchschnittlich jeden fünften Artikel wieder zurück. «Bei der Bekleidung gibt es vieles, das nicht passen kann. Deshalb ist in diesem Segment die Retourenquote entsprechend hoch», so der HSLU-Experte.

    20 Franken Prozesskosten pro Retoure
    Nicht alle zurückgeschickten Artikel können wieder direkt in den normalen Verkauf zurück. Das ist für die Onlineshops eine grosse Herausforderung. Drei Viertel aller Onlinehändler geben zwar an, Retouren wieder zum Neupreis anbieten zu können. «Zurückgeschickte Artikel weisen allerdings immer mal wieder leichte Qualitäts- oder Hygienemängel auf», so Wozniak. Diejenigen Produkte, die nicht mehr zum Neupreis weiterverkauft werden können, müssen die Onlineshops mit Rabatt anbieten, in einem Outlet-Store verkaufen oder in seltenen Fällen sogar vernichten. «Retouren werden dadurch für die Onlineshops zum Kostenfaktor», so Wozniak. Gemäss den Angaben der befragten Unternehmen reduziert sich der Verkaufspreis eines retournierten Produkts um durchschnittlich 18 Prozent. Zudem verursachen Retouren erhebliche Prozesskosten. Die Onlinehändler zahlen häufig den Preis für den Transport. Sie müssen die retournierte Ware entgegennehmen, die Unversehrtheit überprüfen und die Produkte wieder für den Verkauf aufbereiten. Die durchschnittlichen Prozesskosten für eine einzelne Retoure liegen bei rund 20 Franken, wie die HSLU-Erhebung ergeben hat.

    Wie Retouren vermieden werden können
    Kein Wunder also, bestätigen knapp zwei Drittel der Schweizer Onlinehändler, dass die Vermeidung von Retouren für sie von grosser Bedeutung ist. Das HSLU-Forschungsteam hat untersucht, wie das klappen könnte. «Vielversprechend sind vor allem unterstützende Massnahmen, mit denen die Konsumentinnen und Konsumenten dazu gebracht werden, nur Produkte zu bestellen, die sie später auch behalten», so Wozniak. Lösungsansätze gibt es dafür viele: So etwa bessere Produktbeschreibungen oder Bilder, die das Produkt im Nutzungskontext zeigen und veranschaulichen, wie es im Raum wirkt. Bei Kleidern ist die Grösse ein kritischer Faktor. Neue Tools ermöglichen es den Kundinnen und Kunden, die Grösse besser einschätzen zu können. Verbesserte Produktinformationen sind bei den Onlinehändlern bereits beliebte Massnahmen, um Retouren zu vermeiden. Acht von zehn Schweizer Onlineshops setzen bereits darauf. Inzwischen gibt es auch technische Tools und neue Analyseverfahren von Kundendaten, die den Konsumentinnen und Konsumenten helfen, das passende Produkt zu finden. Einige davon werden von Schweizer Onlineshops bereits eingesetzt. Ob die in der Branche vieldiskutierte Abschaffung der «Gratis- Retoure» die Retourenquote nachhaltig senken würde, kann Wozniak nicht abschliessend beantworten. Für den E-Commerce-Experten ist klar: «Vollständig lösen würde die Abschaffung der gebührenfreien Retourenmöglichkeit das Problem sicher nicht. Gratis-Retouren sind per se noch kein Grund, wieso jemand ein bestelltes Produkt wieder retourniert.» Am besten vermeiden liessen sich Retouren deshalb, wenn Kundinnen und Kunden effektiv dabei unterstützt werden, auf Anhieb den richtigen Artikel zu finden.

    Das Retourenverhalten der Kundinnen und Kunden
    Je einfacher die Möglichkeit, Waren zu retournieren, desto eher verändert sich auch das Verhalten der Kundinnen und Kunden bei der Bestellung selbst. Dies zeigt der E-Commerce Stimmungsbarometer 2022, den die HWZ Hochschule für Wirtschaft Zürich in Zusammenarbeit mit der Schweizerischen Post erstellt hat. Die Studie untersucht die Gewohnheiten und Präferenzen von über 12’000 Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten. Rund die Hälfte der Konsumentinnen und Konsumenten planen das Zurückschicken bereits in ihre Bestellungen ein, indem sie mehrere Artikel zur Auswahl bestellen. Die Möglichkeit, die Retouren in der gleichen Verpackung zurückschicken zu können, muss für acht von zehn Kundinnen und Kunden gegeben sein und ist damit Spitzenreiter bei den Aspekten in Bezug auf die Verpackung der bestellten Ware.

    pd

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